Literaturempfehlungen

Titel
Beschreibung ISBN
Internationales Freimaurerlexikon

Lennhoff Eugen, Posner Oskar, Binder Dieter A.

Überarbeitete Neuauflage 2000
951 Seiten
München, Herbig
ca. € 100,-

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

In der Neuauflage der Ausgabe von 1932 wurden kein Begriffe fallen gelassen, jedoch selbstverständlich neue Begriffe aufgenommen und die alten überarbeitet. Die Aussagen sind fundiert.  Ebenso gefallen die Ausführungen zur Geschichte der Freimaurerei in Deutschland, es war sicher nicht einfach, hier die Historie ab 1932 weiterzuführen. Wo immer man aufschlägt, Zinnendorf oder Zirkelkorrespondenz, Christus oder Claudius, Andreas oder Arbeit, Mysterien oder Mystik, der Leser wird überall belohnt. Der Preis ist Umfang und Inhalt des Werks angemessen und beim Vergleich mit anderen wissenschaftlichen Büchern keineswegs überteuert. Der neue Lennhoff-Posner-Binder wird eine neue Generation von Freimaurern und Interessierte so gut begleiten, wie das bekannte alte Standardwerk.

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Die Hoffnung 
hat zwei Brüder 

Rolf Appel

Erzählung. 
2001
105 Seiten
Verlag „Die Bauhütte“, Argelandstr. 36, 53113 Bonn
ca. € 10,-

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Rolf Appel ist ein Bruder des Wortes. Manche Vorträge habe ich von ihm gehört und gemeint: er ist ein guter Redner. Viele Aufsätze und manche Bücher habe ich von ihm gelesen (beispielsweise das hervorragende „Weisheit Schönheit Stärke“) und gemeint: dieser Bruder bezaubert uns immer wieder durch seine sprachlichen Formulierungen. Nun hat er wieder eine Erzählung geschrieben, die ein überraschend anderes Thema behandelt. Im Grunde aber haben seine anspruchsvollen Äußerungen immer das gleiche Ziel: die Menschen. Wir erleben in seiner neuen Arbeit das schreckliche Schicksal einer jüdischen Familie vor und während der Nazizeit mit; und stehen beschämt vor den wenigen Überlebenden.

Dabei geht es weniger um die verbrecherische Schuld der braunen Schergen, um die Schuld der gleichgültig darüber hinwegsehenden Deutschen. Es geht um die ganz persönliche Schuld eines Vaters, dessen Familie durch die brutalen äußeren Umstände der Nationalsozialisten zerstört wird. In dem Ablauf allen Leidens wird er in eine Schuld verstrickt, die ihn fast am Leben verzweifeln lässt und die ihn bis ins hohe Alter verfolgt. Sein menschliches Versagen lässt ihn nicht los. Doch einzig die Hoffnung hält ihn hoch. Einsam und fast ausgesöhnt mit seinem Schicksal hat er für sein Wohnzimmer einen grünen Teppich gekauft mit blauer und roter Umrandung. Diese fast zufälligen Farben sieht er symbolisch:

„Grün ist die Farbe der Hoffnung. Und jede Hoffnung hat zwei Brüder – den Mut und die Wut. Das habe ich selbst erleben müssen. Vielleicht mag ich den Teppich deshalb, weil er für mich ein Sinnbild meines Lebens ist.“

Hier wird die Handlung vorweggenommen. Eine griechische Tragödie könnte nicht tragischer sein. Aber diese würde eindeutiger zwischen Gut und Böse urteilen. Der Schluss von Rolf Appels Erzählung bleibt offen. Dem Protagonisten und dem Leser bleiben die begründete Hoffnung, dass es doch noch zu einem versöhnlichen Schluss kommen kann.

Da der Autor an die deutsche Geschichte anknüpft und sich dabei auf authentische Gerichtsprotokolle und die persönlichen Erlebnisse eines Beteiligten im Warschauer Getto stützt, hätte er vielleicht durch mehr konkrete Jahreszahlen die Erzählung als Tatsachenbericht darstellen können. Dafür wird allerdings umso mehr die Aufmerksamkeit auf die Stimmung der einzelnen Menschen oder Gruppen gelenkt.

Natürlich kann man sagen: Es ist schon oft über das Erleben der deutschen jüdischen Mitmenschen berichtet worden, dass sich eine weitere Darstellung erübrigt. Aber es handelt sich bei diesem Buch nicht um einen nüchternen Bericht, sondern es konzentriert sich auf die Frage, wie sich ein Mensch mit seiner persönlichen Schuld abmüht, wie er von ihr niedergedrückt wird und wie er einzig und allein durch die Hoffnung zu überwinden versucht.

Dies Buch ist keine Unterhaltungslektüre, stellt aber das Ringen eines Menschen um Schuld und Nichtschuld dar. Allen denen, die um den Menschen und seine Probleme bemüht sind, wird die Erzählung viel geben.

Obwohl Äußerlichkeiten bei einem solchen Thema nicht das Wesentliche sind, sollte man doch anmerken, dass der Computer der Druckerei bei der Silbentrennung versagt hat, was den spannenden Lesefluss ein wenig beeinträchtigt. Trotzdem: empfehlenswert!

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Zukunfts-Perspektiven unserer Logen.
Die deutsche Freimaurerei im 21. Jahrhundert. Visionen projizieren, Zukunft gestalten. Ideen, Anregungen und Empfehlungen zur baldigen Umsetzung. 

Herausgeber: Arbeitskreis „Zukunftsperspektiven“ des Distrikts Baden-Württemberg der GL AFAM, Johanni 2002. 

136 Seiten
15 Euro + Versand 

Zu beziehen bei Br. Ferdinand Gerdell, Schauinslandstraße 16, 79331 Tenningen.

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Zunächst ein Lob: Das Buch ist hervorragend in seiner graphischen Gestaltung, vorzüglich ausgestattet und klar gegliedert. Es hat einen schönen festen Deckel, gelbliches Papier und dunkelblauen Druck: ein ästhetisches Gedicht.

Alt-Distriktsmeister Günther H. Klett-Loch regte einen Arbeitskreis an, zu dem sich namhafte Mitglieder von 9 örtlichen Logen zusammenfanden. Sie wollten etwas bewegen, um der vermeintlich heruntergekommenen Freimaurerei wieder auf die Beine zu helfen: „Wir wollen auf größtenteils seit langem bestehende Missstände hinweisen, Vorschläge für dringend erforderliche Änderungen machen, sowie Hilfen in Form von Modulen für die Arbeit der Logen anbieten!“ heißt es in der Präambel.

Es ist natürlich jedem gestattet, Visionen zu haben und zu entwickeln. Wesentlich dürfte aber die Tatsache sein, dass es sich hier um vielfach haltlose Illusionen handelt, die als letzte Errungenschaft vorgelegt werden.

Der Inhalt des Buches ist außerordentlich zwiespältig. Während die Visionen nicht die geringste Chance haben, realisiert zu werden, sind in den Modulen durchaus viele begrüßenswerte Vorschläge enthalten. Das Buch, welches an alle AFAM-Logen in Deutschland kostenlos versandt wurde, hat in den Kreisen der AFAM für große Aufregung gesorgt und manche herbe Kritik einstecken müssen.

Im ersten Kapitel „Das gegenwärtige Unbehagen“ werden von etwa drei Dutzend Brüdern Aussprüche aus ihren Reden und Schriften zitiert, die natürlich passend zu den Wünschen der Arbeitsgruppe ausgewählt wurden. Beispielsweise:  „Die VGLvD haben weiterhin ihre Anziehungskraft verloren. / Stürzt den Tempel ein, baut ihn neu! / Wir alle wissen, dass Reformen dringend notwendig sind. / Die gähnende Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, führt zu tiefer Frustration.“

Im Buch wird dann aufgerufen, sich nicht hinter Schutzwälle zu verstecken, sondern neue Ansätze zu suchen, z.B. bei der Frage der Anerkennung, Basic principles, Freimaurerische Ordnung, Magna Charta. Das soll also wohl bedeuten, dass all diese Regelwerke nicht mehr gelten sollten. Kurz gefasst wird angestrebt:

1. Es ist eine einheitliche Basis für alle Logen gemeinsam zu schaffen: Männer-, Frauen- und gemischte Logen.

2. Die „Alten Pflichten müssen zeitgemäß überarbeitet werden.

3. Diese „neuen Pflichten“ und die UNO-Resolutionen zu Menschenrechten und Menschenpflichten sollen das neue freim. Grundgesetz bilden. Dies muss verbindlich in allen Logen der Welt aufliegen. Daneben „könnte“ auch noch die Bibel oder ein „weißes Buch“ liegen.

4. Eine neue verschmolzene Großloge statt der VGLvD ist zu bilden, wobei sich die Großlogen von ihren weiterführenden Graden trennen und diesen für ihre Verselbstständigung einen Teil ihres Vermögens geben sollen. 

„Der Widerstreit der Obödienzen ist überwunden.“ Damit wohl kaum!

5. Die freim. Rituale werden zeitgemäß überarbeitet.

6. Freim. Anreden und Titel fallen weg.

7. Jede Loge ist autonom. Weder Distrikt noch GL können ihr bindende Vorschriften machen.

8. Zeitnahe, gesellschaftspolitische Themen sollen in einem ausgewogenen Verhältnis zu den freim.-philosophischen Themen angeboten werden.

9. Die personelle Entwicklung der Logenführung wird mittelfristig geplant.

10. Die Logenführung entwickelt ein Programm, das die Brüder zur Aktivität auffordert und motiviert.

11. Absenkung des Durchschnittsalters.

 In diesen Illusionen (oder wie die Herausgeber meinen: Visionen) bleibt von der alten Freimaurerei  offenbar nicht mehr viel übrig. Dieses Programm überhaupt für realisierbar zu halten, erscheint mir illusorisch.

Für die Realisierung werden dann 22 Module angeboten. Die Analysen sehr vieler Teilbereiche sind durchweg gut - - - aber die vorgeschlagenen Maßnahmen halte ich in vielen Fällen für falsch oder zweifelhaft. Ob die im Wirtschaftsleben üblichen Checklisten, Fragebogen, Ablaufpläne oder Organigramme für die Belebung der Freimaurerei der richtige Ansatz sind, bezweifle ich. 

Vom MvSt wird offenbar verlangt, dass er die Eigenschaften eines studierten Wirtschaftswissenschaftlers mit den auf neueste Methoden vertrauten Psychologen verbinden soll, damit er den Anforderungen genügt, die unsere Arbeitsgruppe erwartet. Einen profanen Beruf nebenbei ausüben zu können, dürfte fast unmöglich sein, denn die eine Hälfte seiner Zeit muss er die Systeme studieren, nach denen er die Menschen lenken soll, die andere Hälfte muss er sich bemühen, sie praktisch anzuwenden.

Die Realisierbarkeit der Visionen wird angeblich durch Anwendung der „7S“ sichergestellt, einer im Buch beschriebenen Methode. Die „7S“ sind: Strategie, Struktur, Systeme, Staff, Skill, Style, Shared Value. Offenbar kann sich die Arbeitsgruppe schon nicht mehr der deutschen Sprache bedienen, um ihre Anliegen deutlich zu machen. Das erste Modul behandelt die Kommunikation. Die einzelnen Abschnitte sind: Menschliche Kommunikation / Das Kommunikationsmodell nach Schulz von Thun / Die vier Seiten einer Nachricht / Wichtige Feedback-Regeln / Kommunikation und Gruppenbildungsprozess / Wie spät ist es in ihrem Team, ihrer Gruppe? / Wie bringe ich Licht in die Situation? / Entscheidungen und ihr Einfluss auf das Verhalten der Gruppenmitglieder / Zusammenfassung und Zielrückblick.

Das zweite Modul lautet: „Die Kommunikationsanalyse“. Aber ob bei den 19 Seiten dieser beiden Kapitel mit ihren Organigrammen und brüderlichem Fragebogen (mit 17 Positionen) wirklich alle Brüder angeregt werden?

Das vierte Modul handelt von der „Themenzentrierten Interaktion“ (= „TZI“). Dieser wissenschaftlich aufgezäumte Ausdruck, dem man natürlich gleich eine griffige Abkürzung gibt, wird auf mehr als einer Seite grundsätzlich erklärt. „Zum Defizit an Selbsterkenntnis Einzelner kommt das Defizit an Handlungswissen der Gruppendynamik, d.h. fehlende Einsicht in tiefere Zusammenhänge der Interaktion und des Beziehungsgeflechts einer Gruppe.“ Es wird eine Methode beschrieben, „durch die Menschen zu echtem Kontakt finden und produktive Selbstveränderung bewirken können.“ - - - Falls man Psychologie studiert hat, versteht man es, möchte ich fast hinzufügen.

Bei den Modulen gibt es aber auch handfeste Kapitel, wie „Regeln der Diskussionsleitung und Gesprächsführung“. Das ist sicher ein ganz wichtiges Thema für uns, da unsere Gespräche und Diskussionen meist noch unterentwickelt sind. In den Merkpunkten kommt der Satz vor: „Zuhören können ist sehr schwer. Wenn ich während der Aussagen meines Partners schon meine mögliche Reaktion überlege, entgehen mir wesentliche Aussagen meines Gegenübers.“

Unter der Überschrift „Stile verbalen Miteinanders“ verbergen sich unter vielem anderen: „Verhalten in Konfliktsituationen / Sprachliche Gestaltung der Tempelarbeit u.a.

Ein Kapitel handelt über den Suchenden – vom ersten Kontakt bis zu seiner Aufnahme. Da steht auch einiges über den Bürgen und die Verpflichtung des Neophyten.

Weitere Module widmen sich Gästeabenden, öffentlichen Veranstaltungen, Logenabenden, der Tempelarbeit, den Instruktionen, dem Arbeitskalender. Dann findet man ein Modul über den MvSt, seine Autorität, seinen Führungsstil.

Über eine Personalplanung in der Loge und die Ämterbesetzung, über das freim. Wissen und über das Informationsmanagement sind Regeln aufgestellt, Diagramme und Organigramme gezeichnet – aber ob das in jedem Fall sinnvoll ist? 

Die Stellung zur Religion oder als Elite wird auch berührt, doch das sind Nebenschauplätze. Nicht schlecht sind Themenvorschläge der Lehrlings-, Gesellen- und sonstigen Weiterbildung in freim. Hinsicht. So ist manches Gute neben manchem zu Schwierigen oder Überflüssigem abgedruckt.

Mein Rat wäre: Das neue Buch lesen und sich mit den Modulen näher beschäftigen, die einen interessieren. Neben dem, was abzulehnen ist (Einbeziehung der gemischten Logen, „weißes Buch“, Zweifel an den VGLvD usw. oder Aussprüche wie: „Die Zukunft der Freimaurerei hängt von der Aktualität und Modernität ihrer Themen ab.“) stehen Aussprüche, die man beherzigen sollte („Es ist am fruchtbarsten, wenn in den Logen Themen bearbeitet werden, zu denen möglichst viele Brüder einen existentiellen Bezug haben.“). Die aufgezeigten „Visionen“ sind Irrwege, die praktischen Schritte sind gangbar.

Inzwischen hat dieses , allen AFAM-Logen übersandte Buch eine rege Kritik und geringe Anerkennung in der AFAM und in deren Zeitschrift „Humanität“ ausgelöst. Der Großmeister, Br. Jens Oberheide, hat ein nachsichtiges „Träumen kann jeder, was er mag“ in den Raum gestellt, daran jedoch ein klares „ABER“ angehängt. Er weist auf die Grundprinzipien unseres Bundes hin. Dies kommt auch in einer Erklärung der AFAM-Distriktsmeister in der Humanität Nr. 6/2002 zum Ausdruck, in der der Eingangssatz beginnt mit: „Wir stehen auf dem Boden der Freimaurerischen Ordnung...“. Unter Punkt 8 und 9 steht:
8. „Freimaurerei ist nach unserer Überzeugung Erziehung des eigenen Ich zu einer toleranten Lebensart und, daraus folgend, zu einem humanitären Verhalten dem Mitmenschen gegenüber. Sie ist weder Ware auf dem „Markt der Sinnanbieter“, noch zum Erfolg bei der Werbung neuer Mitglieder verurteilt.

9. Freimaurerei hat keine Verpflichtung, mit der Öffentlichkeit in ständigem Dialog zu stehen und in ihr zu tagespolitischen Fragen Stellung zu beziehen, wie etwa Parteien und Interessenverbände. Dem einzelnen Freimaurer ist es unbenommen, dergleichen zu tun.“

Die Autoren des Buches kommen in gleicher Weise zu Wort und scheinen jetzt mindestens einen Schritt zurück zu gehen: „“Wir schlagen keine Auflösung oder gar Zerschlagung der VGLvD vor... / Wir stehen fest in der Tradition der maskulinen Freimaurerei... / Wir stehen zur freimaurerischen Ordnung...“

Neue Ideen können nur begrüßt werden. Wenn man sie aber mit in keiner Weise realisierbaren Utopien vermengt, gehen sie im Wirbel darum unter. Leider.

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„... solange wir zu zweit sind.“

Friedrich der Große und Wilhelmine Markgräfin von Bayreuth in Briefen.

Herausgegeben von Kirsten Heckmann-Janz, Sibylle Kretschmer, Friedrich Wilhelm Prinz von Preußen. Übersetzung der Briefe aus dem Französischen von Friedrich von Oppeln-Bronikowski. 

Mit 48 Abbildungen. 
Langen Müller, 2003
296 Seiten 
ca. 26 Euro.

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Der einzige Mensch, dem der Kronprinz und später König Friedrich II. seine Gedanken unverhüllt anvertraute, war seine Schwester Wilhelmine. Sie war drei Jahre älter und wurde mit dem Erbprinzen und zukünftigen Markgrafen von Bayreuth verheiratet. Es gibt zahlreiche Bücher über das Leiden und die Ausbildung des Kronprinzen. Oder über sämtliche Schlachten und die Staatsführung Friedrich des Großen. Aber nirgendwo tauchen seine persönlichen Gedanken authentisch auf  -  bis auf die Briefe, die er seiner Lieblingsschwester schrieb. Dass diese bisher fast unbeachtet blieben, liegt vielleicht daran, dass man in französischer Sprache schrieb, die heute nicht mehr von jedem verstanden wird. Dank des Übersetzers können wir den Briefwechsel jetzt in Deutsch lesen. Andererseits sah man die offiziellen Schreiben, Verträge, Entscheidungen um so vieles wichtiger an als familiäre Mitteilungen, zumal an eine Frau. Dass es sich hier um eine andere Sicht der historischen Ereignisse handelt, führt möglicherweise zu einem neuen und menschlicheren Geschichtsbild von Friedrich II. Es handelt sich um folgende Zeitperiode:

1725: Der 13jährige Friedrich wird in Potsdam von König Wilhelm I. unter seine persönliche, strenge, despotische Aufsicht und Erziehung gestellt. Die 16jährige Wilhelmine bleibt bei ihrer Mutter Sophie Dorothea in Berlin. Seit dieser Zeit schreiben sich die Geschwister etwa 1000 geheime Briefe.

1728: Ein Brief Friedrichs aus Dresden ist erhalten geblieben.

1730: Der 18jährige Friedrich wird nach Aufdeckung des Fluchtplans nach England in Haft genommen und lebt in Küstrin unter strengster Aufsicht. Deshalb verbrennt er bis Anfang 1732 alle Briefe seiner Schwester, nachdem er sie gelesen hat. – Wilhelmine wird als Vertraute ihres Bruders in Berlin in Arrest genommen. Aus Angst vor dem Vater vernichtet sie alle früheren Briefe.

1731: Wilhelmine folgt dem königlichen Befehl und heiratet den ihr unbekannten Erbprinzen von Bayreuth.

1732: Um aus der Haft frei zu kommen, erklärt sich der Kronprinz zur Heirat mit Elisabeth Christine von Braunschweig-Bevern bereit. Am Hochzeitstag schreibt er um Mitternacht seiner Schwester: „Soeben ist die ganze Zeremonie vorüber. Gott sei gelobt, dass sie überstanden ist! Ich hoffe, Du wirst es als Freundschaftsbeweis ansehen, dass ich Dir die erste Nachricht davon gebe.“ ...

Bis zum Tod des alten Bayreuther Markgrafen (1735) und des Königs (1740) ist die Korrespondenz sehr intensiv und innig.

1740: Friedrich II. wird König und beginnt noch im gleichen Jahr den ersten (1740-42) der beiden Schlesischen Kriege (zweiter 1744-45). Das Verhältnis kühlt sich zwischen den beiden Geschwistern durch verschiedene Umstände, Missverständnisse und Gerüchte erheblich ab, festigt sich danach aber wieder. Wilhelmine vermittelt später sogar in politischer Hinsicht zugunsten Friedrich II.

1758: Durch den Tod Wilhelmines mit 49 Jahren bricht der erhaltene 30jährige Schriftwechsel ab. Wilhelmine erlebt noch den Beginn des siebenjährigen Krieges und die ersten Niederlagen Friedrichs und versichert ihn ihrer unwandelbaren Liebe und Zuversicht.

Beide Briefschreiber vertrauen sich einander in der Jugend die Ereignisse der schwierigen Familienverhältnisse an und offenbaren sich gegenseitig nach den ersten Niederlagen im siebenjährigen Krieg ihre Todessehnsucht. Sie unterhalten sich „über Gott und die Welt“. 

So schreibt Friedrich am 10.12.1735: „Der beste (Gottes-) Beweis ist nach meiner Meinung dieser: Die Welt und die darin wohnenden vernunftbegabten Wesen sind endlich und haben auch einen Anfang gehabt. Dann aber muss es ein höchstes Wesen geben, dem sie das Dasein verdanken; denn aus sich selbst können sie nicht entstanden sein, da der Materie die Schöpferkraft fehlt. Dieses höchste Wesen muss mächtig sein, weil es sie geschaffen, weise, weil es alle Dinge in eine bestimmte Ordnung gebracht hat, unendlich, weil es in seinem Plane soviel Wesen zugleich umfasst und weil es da gewesen ist, bevor sonst etwas da war. Also gibt es einen Schöpfer, und da dieser Schöpfer ewig ist und notwendigerweise alle Vollkommenheit besitzt, müssen wir ihn als seine Geschöpfe anbeten, und er muss unser Gott sein.“

Hierauf antwortet Wilhelmine am 20.12.1735: „Meine Grundsätze sind also die folgenden: Alles besteht aus Atomen, die teils krumm, teils spitz und von verschiedener Gestalt sind. Diese Atome befinden sich in steter Bewegung. Sie treffen aufeinander, stoßen, verhäkeln und vereinigen sich, und so entstehen die Körper. Nun aber können sie ihre Bewegung nicht von selbst haben; denn sie sind keine absoluten Wesen, sondern hängen vonein­ander ab. Da sie nach den Grundsätzen der Philosophie nicht unbeweglich sein können, muss es mithin ein absolutes, unabhängiges Wesen geben, das ihnen die Bewegung verleiht. Dies Wesen ist also Gott...“

Über die verschiedenen Kirchen hat Friedrich keine gute Meinung, wie er am 23.9.1736 schreibt: „Lass mich einen Augenblick über alle religiösen Sekten herziehen, in die sich die Welt seit so vielen Jahrhunderten geschieden hat. ... Ist es denkbar, dass vernünftige Menschen in ihrer Glaubenswut so weit gegangen sind, ihre eigenen Kinder dem Gotte Moloch zu opfern? ... Ist die Vorstellung von der Fürbitte der Heiligen in der katholischen Kirche nicht erbarmungswürdig? Ist das Fasten weniger lächerlich? ... Welche wirren und unklaren Begriffe vom Abendmahl! ... Und doch haben alle diese verschiedenen Bekenntnisse ebensoviele verschiedene Glaubenslehren, und jede verschreibt sich dem Teufel, dass ihre die beste sei. Wenn ein Ungebildeter, der nie etwas von Religion gehört hätte, diese verschiedenen Fanatiker miteinander disputieren hörte, er könnte nie entscheiden, wer von ihnen Recht hat. Jede von diesen Religionen, die von allen anderen ver­dammt wird, verspricht ihm die Seligkeit. ...“

Über die Gefühle schreibt Friedrich am 12.2.1739: „Wir alle sind Zeit unseres Lebens für Eindrücke leicht empfänglich. ... Wir können nicht sein, was wir sind, ohne eine Unmenge von Leidenschaften zu besitzen, die uns Freude, Trübsal, Liebe, Hass, Verlangen, Ekel usw. empfinden lassen. Diese verschiedenen leidenschaftlichen Gefühle sind bei uns so natürlich, ja so notwendig, dass ein Mensch, dem sie fehlten, ein lebloser Stein wäre. Somit ist die Vernunft nur eine schöne Phrase der Eitelkeit.“

Am 16.12.1740 marschiert Friedrich II. mit seinen Truppen in Schlesien ein, um dem Anspruch Österreichs zuvorzukommen, der nach dem Tod Kaiser Karls VI. wieder aufgeflammt war. Später bekennt Friedrich seinem Freund, Vertrauten und Freimaurerbruder Jordan: „Meine Jugend, das Feuer der Leidenschaft, das Verlangen nach Ruhm, ... die Genugtuung, meinen Namen in den Zeitungen und dereinst in der Geschichte zu lesen, hat mich verführt.“

Am 17.9.1757 schreibt Friedrich an seine Schwester über die Schwierigkeiten des siebenjährigen Krieges: „Das Leben ward uns von der Natur als eine Wohltat gegeben; sobald es das nicht mehr ist, hört der Vertrag auf, und es steht jedermann frei, seinem Missgeschick ein Ende zu machen, wenn er es für angezeigt hält.

Ich bin fest entschlossen, weiter gegen das Unglück anzukämpfen, zugleich aber auch, meine Schande und die Schmach meines Hauses nicht zu unterzeichnen. Das, liebe Schwester, geht im Grunde meiner Seele vor; da hast Du meine Generalbeichte. ...“

Das sind rein menschliche Gedanken und Bekenntnisse, die niemals offiziell ausgesprochen worden sind, die uns aber einen intimen Blick hinter die Kulissen des glänzenden Aufstiegs Preußens zur ersten europäischen Militärmacht tun lassen. Hätte Friedrich nicht die Liebe und Aufrichtigkeit seiner Schwester gehabt, hätte es vielleicht nie einen Friedrich den Großen gegeben. „Was ich ertragen kann, das musst auch Du können, solange wir zu zweit sind."

Meine Empfehlung für das vorzüglich ausgestattete Buch: Kaufen – lesen – verschenken!





„Banken, Brot und Bomben“

Stefan Erdmann

Ama Deus Verlag, 2003. 

Band 1: 374 Seiten, 19,70 Euro Band 2: 376 Seiten, 19,70 Euro

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Schon im umfangreichen Vorwort lesen wir markante Sätze wie: „Seit Jahrtau­senden (spielen die) ideologischen Hintergründe von Politik, Kirche und Logentum die alles entscheidende Rolle.“

„Die Religionen und Logen berufen sich darauf, im Besitz der ganzen Wahrheit zu sein.“

Natürlich zielt der Autor einerseits auf die katholische Kirche mit dem Papst, andererseits auf die Freimaurerei als „Gegenkirche“, die mit Hilfe des „Kapitals“ die Fäden in der Hand hält.

Auf dem Klappentext steht: „Sicherlich sind die meisten Personen, die heute die Welt steuern, aus dem Wirtschafts- und Finanzbereich. Doch der wahre Grund, warum sie so mächtig sind und die Geschicke der Welt über unsichtbare Fäden lenken, liegt mitunter in ihrer Mitgliedschaft in Geheimlogen. Diese Logen hüten nämlich einige höchst brisante Geheimnisse, die teils Jahrtausende zurückreichen...“

Der Band 1 beginnt zunächst mit den Prophezeiungen zur Jahrtausendwende, wobei in Band 2 noch ausführlicher auf die weitgehende Zerstörung der Erde im Dritten Weltkrieg eingegangen wird.

Dann werden die Ursprünge des Christentums erläutert, die der Autor in Ägypten sieht.

„Große Teile der Geschichtsschreibung sind zweifelhaft.“ Der Autor glaubt, dass die große Pyramide von Gizeh „einige tausend Jahre früher als angenommen, entstanden ist. Dadurch ist die „Abrahamsreligion (Judentum, Christentum, Islam)“ eine Mogelpackung. Hier werden wissenschaftliche Untersuchungen gezielt blockiert und Entdeckungen der Weltöffentlichkeit vorenthalten.“

Stefan Erdmann glaubt auch, dass alle biblischen Gestalten markante Ägypter der 18. Dynastie waren, und zwar:

          David war Tuthmosis III. (Regierungsdauer 1505 – 1450 v.Chr.).

          Salomon war Amenophis III. (1408-1372 v.Chr.).

          Moses war Echnaton (1372-1354 v.Chr.).

          Jesus war Tutenchamun (1354-1345 v.Chr.).

Das setzt natürlich voraus, dass der Jesus in der Bibel eine fromme Legende sein muß. Erdmann ist überzeugt davon, dass die Bibelautoren alles umgedichtet haben, denn ein historischer Nachweis für Geburt , Sterben und Auferstehung sei niemals erbracht worden.

Der Autor befasst sich dann mit den Tempelrittern und geht der Frage nach, wo ihr großer Tempelschatz geblieben ist und ob ihr geheimes Wissen in die Hände der Freimaurer gefallen ist. „Warum werden diese uralten Geheimnisse nicht zum Wohle der gesamten Menschheit veröffentlicht?“

Alsdann erfahren wir etwas über die Geheimgesellschaften, wobei die längst als Fälschung entlarvten, ominösen „Protokolle“ (der Weisen von Zion, von 1897) als Tatsache wieder hervorgeholt werden. Hiernach wird eine jüdische Weltregie­rung angestrebt. Rosenkreuzer – Freimaurer – und hinter allem die bayerischen Illuminaten: so sieht Erdmann die Entwicklung. „Eine Neuzeit begann mit der Unterwanderung der Freimaurerlogen durch die Illuminaten. Am 16.Juli 1782 wurde auf dem Kongreß in Wilhelmsbad die Allianz zwischen den bayerischen Illuminaten und den Freimaurern endgültig besiegelt.“ – „So hat wahrscheinlich der Großteil der Freimaurer nicht die geringste Ahnung davon, was ihre obersten Logenbrüder, die unterwandert und vernetzt sind, im Schilde führen.“ Ludendorff lässt grüßen!

Es ist müßig, auf alles einzugehen, was dem Leser als sensationelle neue Tatsa­chen vorgesetzt werden. „Auch viele führende Köpfe der beiden Weltkriege – wie beispielsweise Lenin, Trotzki, Stalin, Churchill, Roosevelt und Truman – waren Freimaurer.“ Von den ersten drei Männern wissen wir mit Sicherheit, dass sie niemals mit der Freimaurerei sympatisiert haben. Es ist ja so einfach, Behaup­tungen aufzustellen! – „Die Presse ist in vielen Ländern ein restloses Werkzeug des freimaurerischen Geistes.“ – „Die Bruderschaft bringt Präsidenten an die Regierung oder zerstört sie.“

Erdmann ist überzeugt davon, dass natürlich hinter den Illuminaten die ganz weni­gen Exponenten der Hochfinanz wie Rothschild und Rockefeller stecken, die den internen Gremien – wie der Bilderberger-Gruppe – ihre Weisungen erteilen.

In Band 2 sind politische Probleme behandelt, die zwiespältig waren oder sind. Die Kapitelüberschriften heißen:

Das 20. Jahrhundert – das Jahrhundert der Kriege (Einige Unterabschnitte könn­ten von rechtsgerichteten Gruppen übernommen worden sein: Machtzentrale London / Bolschewistische Revolution / Der Verrat von Versailles / Adolf Hitler betritt die Politbühne / Der Krieg und das Öl). 

Besetzte Bundesrepublik Deutschland („Der Plan, eine neue Weltordnung zu installieren, wird mit allem Nachdruck vorangetrieben und ist bereits zu weiten Teilen umgesetzt. Dazu ist die totale Kontrolle und Überwachung der Massen erforderlich.“).

Unwissende und gottlose Gesellschaft (Wissen ist Macht / Massenmedien mani­pulieren den Menschen). „Bereits vor vielen Jahrzehnten erkannte man, dass der Schlüssel zu einer gezielten Kontrolle und Steuerung der Menschen in deren Bewusstsein liegt.“

Bewußtseinskontrolle (TV-Hypnose / Mit subliminalen Botschaften ins Unterbewusstsein / Gedankenkontrolle ist Gegenwart) „Der moderne Mensch des 21. Jahrhunderts wird nicht informiert, sondern gezielt (durch die Massenmedien) programmiert. – Diese virtuelle Versklavung hält den Menschen unserer Lust- und Spaßgesellschaft vom logischen Denken und von seiner spirituellen Erkennt­nisfähigkeit fern. Der sogenannte freie Mensch ist Sklave von Fernsehen, Computer, Luxus, Genusssucht und Drogenkonsum wie Nikotin und Alkohol.“

Die vierte Welt („1984“ ist heute / Kampf der Kulturen / 666 / Das Zeichen des Tieres wird die Welt kontrollieren / Die Abschaffung des Bargeldes / Implantierte Mikrochips – Totale Kontrolle).

Auf dem Weg in den dritten Weltkrieg. „Das kapitalistische System funktioniert nur in Verbindung mit immer wiederkehrenden Kriegshandlungen... Der Großteil des Kapitals der Weltwirtschaft befindet sich in den Händen nur weniger Perso­nen, die wiederum die Regeln bestimmen.“ – „Die unrühmliche Rolle der Geheimdienste und ihrer Macht in der Weltpolitik, bei Revolutionen, Regierungs­putschen und Kriegen muss wohl nicht mehr betont werden.“

Mein Fazit über diese Bücher:

Es ist schade um die Zeit, die man mit ihrem Lesen verbringt. Es ist schade um das dafür ausgegebene Geld. Es lohnt sich in keinem Fall. Obwohl sich der Autor als „Wissenschaftler“ einige Zeit in Ägypten aufgehalten hat, erscheinen seine angeblich aufgedeckten Sensationen und Mutmaßungen bezüglich Bibel, Chri­stentum und Jesu mehr als merkwürdig. – Die Freimaurerei wird niemals konkret angegriffen, sondern stets nur mit allgemeinen Phrasen der schlimmsten Dinge verdächtigt. Aber die Freimaurer sieht der Autor nur als die ahnungslosen, unwissenden Hilfstruppen der Illuminaten. Und selbst die werden von Gremien gesteuert wie die Bilderberger, Club of Rome, B’nai B’rith, Round Table, Komitee der 300 usw. Aber auch diese Gruppen werden von den oder dem Allerhöchsten gesteuert.

Wenn die Freimaurerei angegriffen wird, ist das so allgemein, dass etwa ein juristisches Eingreifen nicht möglich ist. Außerdem sind es immer wieder die glei­chen Lügen, die vorgebracht werden. Beispiel: Auf dem Ein-Dollar-Schein ist eine 13stufige Pyramide abgebildet, die nicht nur von Erdmann als die 13 Stufen der Illuminaten gedeutet werden. Die aufgedruckte Jahreszahl 1776 soll das Grün­dungsjahr der bayerischen Illuminaten durch Adolf Weishaupt darstellen. Für die „Uneingeweihten“ stellt 1776 das Jahr der Unabhängigkeit der 13 Kolonien dar, die sich von der britischen Oberherrschaft lossagten.

Solche ähnlichen Verdrehungen und Unterstellungen durchziehen die beiden Bücher, über die es nur ein einziges Urteil geben kann: Nicht kaufen, nicht lesen! Es lohnt sich nicht.

Band 1: 3-9807106-1-0
Band 2:  3-9807106-0-2



„Logen, Clubs und Zirkel. Die diskrete Macht geheimer Bünde.“

Peter Wendling

Orbis Verlag, 2002 in der Verlagsgruppe Falken/Mosaik, einem Unternehmen der Random House Gmb, München

217 Seiten, 7,95 Euro

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Dies Buch hat einen großen Nachteil: Die Originalausgabe kam bereits 1991 unter dem Titel „Die Unfehlbaren“ in Zürich heraus. Offenbar ist der Text ohne Korrekturen nachgedruckt worden, so dass alle Angaben von 1990 und früher stammen. Dadurch ist Bonn noch deutsche Bundeshauptstadt (zwei aufgeführte Bünde sind bei den Diplomaten in Bonn beheimatet). Dadurch ist für die VGLvD die falsche Adresse angegeben Und alle Zahlenangaben sind wenigstens 13 Jahre alt.

Neben den bekannten Gruppierungen der Druiden, Kiwanis, Lions, Odd Fellows, Rotary sind auch eher unbekannte und unbedeutende beschrieben, wie der „Montag-Club“, der „Por le mérite“ mit 30 Mitgliedern, die „Ritterkreuzträger“, die in 10 Jahren wohl ausgestorben sein werden. Ich gewann den Eindruck, dass viel vom Zufall der Matarialbeschaffung abhängig gewesen ist und daraus die Zahl der Seiten und die Wichtigkeit resultiert.

Ohne Zynismus werden eigentlich nur die beiden Frauenclubs „Soroptimist“ und „Zonta“ geschildert. Sonst wird bei allen Bünden von Satire und Sarkasmus reichlich Gebrauch gemacht. Uns interessiert vor allem das Kapitel „Freimaurer“, das immerhin mit 20 Seiten das längste im Buch ist, gefolgt von Kiwanis und Rotary mit je 17 Seiten. Eine Seite wird den Entstehungstheorien gewidmet, wobei dem Leser beispielsweise angeboten wird: „Adam als erster Freimaurer.“ Aber auch Noah, Jesus Christus und Zeus werden als erste Freimaurer vorgeschlagen. Dann wird von der Verbindung der Freimaurerei mit dem Tempelherrenorden gesprochen, bis er zu den mittelalterlichen Bauhandwerkern als „tatsächlich nachgewiesen“ kommt.

Da der Autor „Die verschwiegene Bruderschaft“ (1986) von Jürgen Holtorf als einzige freimaurerische Quelle angibt (sonst nur Sekundärliteratur), ist wenigstens die Entwicklung der Freimaurerei weitgehend richtig dargestellt. Er mengt aber viele unbewiesene Behauptungen dazwischen, so dass von einer objektiven Darstellung kaum noch die Rede sein kann. Angeblich hält sich beharrlich die Legende, dass „Jack the Ripper“ nicht gefasst wurde, weil nicht nur dieser, sondern auch der Polizeichef Logenbruder war. Und heute? „Über 60% der Polizeipräsidenten und 20% der Polizeibeamten in Groß-London sind aktive Freimaurer ... dass es bei diesem ungesund hohen Anteil der Exekutive um weit mehr als harmlose Pfadfinderspiele geht, zeigt die Tatsache, dass sich auch in England insbesondere die sozialen Gruppen in Logen treffen, die aufgrund ihrer Stellung am anfälligsten für Korruption sind: Architekten, Beamte und Unternehmer.“

Dann wird die „P2“ ausgewalzt, wobei er sich zu der ungeheueren Behauptung versteigt: „Freimaurer Jürgen Holtorf verteidigt die Entgleisung der P2 ... mit folgendem Dementi.“ Dann zitiert er die Feststellungen von Holtorf, dass die P2 schon 1976 aus der regulären Freimaurerei ausgeschlossen wurde und politische und konfessionelle Abstinenz Grundvoraussetzungen für eine reguläre Loge sei. Wie kann man das als „Dementi“ erklären?

     Über die deutsche Freimaurerei heißt es in Verdrehung der Geschichte: „...damit die Verbindung zur Macht auch hier sichergestellt war, wurde im Jahr 1738 Friedrich der Große als 26jähriger Kronprinz in einer einzigen Nacht vom Lehrling über den Gesellen zum Meister erleuchtet.“

Unter der Überschrift „Weltbild“ werden die „Freimaurerischen Grundsätze“ der AFAM abgedruckt mit dem zynischen Nachsatz: 

„Wer wollte bei diesen edlen Regeln nicht aufspringen, sich ein Antragsformular besorgen und schleunigst Mitglied dieser untadeligen Bruderschaft werden?“

„... Streben nach menschlicher Vervollkommnung ist wohl ein heimlicher Wunsch vieler Zeitgenossen, doch ein ganzes Leben lang, kontrolliert durch eine Loge?“

„Zwar hätte der sogenannte moderne Mensch mit seinem abgestumpften Leben voller Hast mehr als nur einen Schnellkurs in Sachen Wertbewusstsein nötig, doch es ist nur schwer fassbar, weshalb sich diese Erziehung nur hinter verschlossenen Mauern und unter Zuhilfenahme Jahrhunderte alter Rituale vollziehen lassen soll.“

Die beiden ersten Hauptstücke der „Alten Pflichten“ (Von Gott und der Religion / Von der bürgerlichen Obrigkeit) und das Inhaltsverzeichnis werden abgedruckt, aber gleich die Sentenz beigefügt:

„dass die Freimaurerei trotz dieser hehren Regeln im Laufe ihres Bestehens immer wieder zum Gegenstand ihres Aberglaubens wurde, mag daran liegen, dass in die Rituale der 33 Grade umfassenden Hierarchie ... kein Einblick gewährt wird. ... dass an der Spitze der Bruderschaft der Teufel stehen solle, mag bezweifelt werden.“

Dann werden auf zwei Seiten die „Volksweisheiten“ aufgelistet, die man, natürlich zu Unrecht, über die Freimaurerei verbreitet hat. Darunter finden wir u.a.:

- die Abstimmung über die Aufnahme erfolgt durch Würfeln;

- er muß mit dem Teufel im Sarg liegen und Regenwürmer essen;

- das in der Loge aufgehängte Bild des Freimaurers wackelt, wenn er etwas verrät; der Abgebildete stirbt in dem Augenblick, in dem der Meister in sein Bild sticht;

- sie erkennen den Teufel als obersten Herrn an;

- bei den Zusammenkünften wird gehämmert und Gold gemacht;

- sie haben in Venedig eine schwarze Zauberschule;

- sie besitzen das Lebenselexier;

- sie können Regen und andere krank machen und das Vieh des Feindes töten;

- sie werden reich, weil sie jeden Abend Geld unter dem Kopfkissen finden.

Nach Wendling „fällt der Toleranzgedanke wie ein Kartenhaus zusammen“, weil weder Frauen, noch Behinderte aufgenommen werden. „Der Gedanke könnte sich aufdrängen, dass der vielgepriesene Humanismus nicht viel mehr werte ist als das hellblaue Papier, auf dem freimaurerische Ideale bevorzugt gedruckt werden.“

Über die Mitgliederstruktur lesen wir:

„dass gerade Kaufleute, freie Berufe und Presseleute ohne Beziehungen nur notdürftig existieren können, kann natürlich nicht als Indiz für einen wirtschaftlichen Interessenklüngel verwendet werden, doch sollte der starke Anteil an Presseleuten bedenklich stimmen, da die breite Bevölkerung noch immer gerne glaubt, was gedruckt wird.“

Eine Liste von 100 Freimaurern und ein „kleines Freimaurer-Lexikon“ vervollständigen das Kapitel über Freimaurerei.

Aus den Zitaten kann sich jeder selbst eine Meinung bilden. Soweit ich das beurteilen kann, sind die anderen Bünde ähnlich behandelt worden. Es ist durchweg schwer zu entscheiden, was echte Information und was haltlose Behauptung ist. Darum kann das Buch nicht empfohlen werden!

3-572-013305



Gedichte. Auf der Suche nach dem verschwiegenen Selbst.

Rolf Appel

Battert-Verlag, Baden-Baden

Broschur 84 Seiten, 15 Euro

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Der bekannte Autor schreibt im Vorwort von dem Stoff, aus dem Gedichte sind:

„Ich glaube tief an die Kräfte der Sprache.

Sie ist nicht nur Verständigungsmittel, sie ist Anruf, Beschwörung, Schmiegsamkeit, Liebe – sie ist Brücke von einem zum anderen...

Mittels der Sprache singen wir, beten wir, besitzen und verschenken wir uns. Vermittels der Sprache flüstern wir Liebeserklärungen, bit

ten wir und weisen den Weg...“

 

Greifen wir voll hinein und suchen uns ein Selbstbekenntnis aus:

 

Dichters Arbeit

 

Während die andern

Eileifrig wirken

Und schaffen dies

Und schaffen das,

Sitzt der Dichter unablässig an dem

Webstuhl der Gedanken.

Tag und Nächte

Webt er so

An dem Teppich

Seiner Fantasien.

 

Die Titel der Gedichte geben schon einen Hinweis auf die Inhalte: Selbsterkenntnis / Nachtgedanken / Spiegelbild / Echo / Liebe / Erinnern / Sehnsucht / Alles / Warten auf Antwort / Dem Ende entgegen / Verlorenes Wort. 

Man spürt die Lebens- und Altersweisheit, die nicht mehr belehren, sondern nur feststellen will. Es ist ein wenig Resignation dabei, aber auch ein wenig Hoffnung. Immer atmen die Gedichte die freimaurerische Denkart, die zu Toleranz, Liebe und Ausgleich drängt. Noch ein Vers des Dichters:

Mögliche Verwandlung

 

Liebe macht offen 

Und bereit für alles.

Und der Raum

Von Mensch zu Mensch

Wird durch sie weit

Und groß.

Wir werden

Einander verbunden,

Und die Sterne sind da

Als Freunde und Brüder,

Und das Meer und der Mond

Und auch die Sonne.

Alle sind Brüder.

 

So kann die Welt

Verwandelt werden,

Wenn wir sie

In die Innerlichkeit

Unseres Herzens heben.

Wer sich jeden Morgen oder jeden Abend eine Freude machen möchte, hat das kleine Büchlein neben sich zu legen.

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Flaschenpost
Flaschen erzählen seltsame Begebenheiten.


Rolf Appel

Kurzgeschichten, Broschur 124 Seiten, Battert-Verlag, Baden-Baden

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Es ist eine einmalige Idee, 22 Flaschen erzählen zu lassen, welche Erlebnisse sie mit den Menschen hatten, bevor sie vor dem Müllcontainer landeten. Es sind meist ernste oder tragische Probleme, die diese Frauen und Männer bewegten. Das Geschick dieser Menschen bewegt uns, weil uns Rolf Appel ihre Kümmernisse mit eindrucksvollen Worten darstellt. Wir nehmen Anteil. Und das wollte der Autor. Die letzte Kurzgeschichte endet mit dem Tod eines Kindes und den Worten: „Wir suchen das Ende der Erde und suchen nach dem Anfang des Himmels. Ach, Evchen, Du hast den Himmel gefunden.“

Das Suchen nach dem richtigen Weg verbindet alle Freimaurer und auch den Br. Rolf Appel. Erst im vergangenen Jahr schrieb er über sein Schaffen:

„Ich weiß nicht, ob es allen Schriftstellern so geht, aber in meinem Fall ist es so, dass ich noch so sehr nach Klarheit streben kann, eine rationale Kontrolle über die Geschichte und ihre Personen zu bewahren, nie kann ich eine gewisse Dunkelheit vermeiden, die dem Schreiben im Augenblick der Schöpfung wie ein Schatten anhaftet. Das hat auch mit dem Ringen nach dem allein richtigen Satz mit den allein richtigen Wörtern zu tun, und doch bleibt immer ein Unergründliches, ein Geheimnis, wie dieses auch der Freimaurerei anhaftet. Dieses Element, das unwillkürlich aus dem verborgensten Innern des Schriftstellers hervortritt, färbt dann die Geschichte, die man schreibt, in besonderer Weise, stellt zwischen den geschilderten Personen Beziehungen her, die bisweilen – und gänzlich ungewollt – die bewusste Absicht auf subtile Weise verkehren.“

Alle in dem Buch aufgezeichneten Flaschenpost-Geschichten sind lesenswert, nachdenkenswert und atmen den freimaurerischen Geist.

3-87989-373-X



Die Vielfalt in der Einheit – Positionen einer freimaurerischen Ästhetik.

Herausgegeben von Gerd Scherm für PEGASUS – freimaurerischer Verein für Kunst, Kultur und Kommunikation.

Vertrieb: PYTHAGORAS Bernd Schneider GmbH, Postfach 1576, 95089 Selb, 2002

200 Seiten, fester Deckel, 20 Euro, durchgehend mit farbigen Abbildungen

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

PEGASUS Freimaurerischer Verein für Kunst, Kultur und Kommunikation, wurde 1995 durch den Zusammenschluss von 9 Brüdern Künstler gegründet. Der 1. Vorsitzende ist wohl seit dieser Zeit Br. Gerd Scherm, Binzwangen 12, 91598 Colmberg, Tel.: 09803-94160, eMail: pegasus@freimaurer.org.

Der Pegasus ist als Musenpferd das Symbol, denn es steht mit seinen vier Beinen fest auf der Erde und mit seinen zwei mächtigen Schwingen trägt es die Künstler zu den Höhenflügen. Über 40 Künstler der verschiedensten Art sind in diesem Buch dargestellt: Schriftsteller und Dichter, Maler und Grafiker, Bildhauer und Architekten, Glaskünstler, Fotografen, Opernsänger, Komponisten, Schauspieler und andere künstlerische Berufe. Es ist sehr erstaunlich, wie viele Brüder in der Kette stehen, die sich aktiv in den Bereichen Kunst, Kultur und Kommunikation betätigen. Ihr Schaffen ist von freimaurerischem Geist geprägt. Damit erreichen sie die Öffentlichkeit und verkünden direkt oder indirekt die Ideale der Freimaurerei durch ihre Werke oder ihre Tätigkeiten.

Diese umfangreiche und sehr gut gestaltete Publikation vermittelt einen hervorragenden Eindruck von dem Schaffen der Mitglieder von PEGASUS. Natürlich kann das nur ein Ausschnitt sein und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Immerhin sind auch mir nur einige Künstler persönlich gut bekannt; beispielsweise: Otmar Alt (Bildende Kunst), Rolf Appel (Schriftsteller und Dichter), Jo Gattières (Poesie und Grafik), Horst Giepen (Lyrik), Burkhardt Gorissen (Autor, Journalist), Erwin Hornauer (Bildhauer), Reinhard Jahn (Licht-Design), Hartwig Kloevekorn (Grafik-Designer, Karikaturist), Wolfram Kraffert (Symbolik), Josef Obornik (Malerei, Grafik), Gerd Scherm (Kunst und Poesie)

Um festzustellen, ob die Freimaurerei wirklich eine Disziplin der Kunst ist, hat Gerd Scherm im Vorspann des Buches eine „Dreipunktmessung vorgenommen, von der hier nur die Kernsätze angeführt werden sollen:

1. Ist die Freimaurerei „natürlich oder Wirklichkeit“? – „Ich träume von einer besseren Welt, warum sollte ich von einer schlechteren träumen?“ – Und das tun die Freimaurer wohl auch.

2. Welcher Mittel bedient sich die Freimaurerei? – Die Tempelarbeiten sind ein multimediales Ereignis, neudeutsch ein Event, bei dem diverse Medien synchron eingesetzt werden. (Sie arbeitet dramatisch, musikalisch, skulptural.)

3. Wie wirkt die Freimaurerei? – Bei der Ästhetik, bei der Wahrnehmung, berühren sich Kunst und Freimaurerei. Denn in beiden wohnt eine Kraft, die sich dem erschließt, der bereit ist, sich einzulassen. Es ist eine Wirkung, die sich nicht berechnen, nicht voraussagen und nur schwer beschreiben lässt, die aber zweifellos existiert.

Das sorgfältig ausgestattete Buch zeigt nicht nur die vielen farbigen Abbildungen (bei Otmar Alt z.B. sieben, davon drei ganzseitige), sondern auch jedesmal ein Foto des Künstlers. Der einfühlsame Text ist vielfach von den Künstlern selbst gestaltet, aber auch vom Herausgeber oder von einem anderen Künstler. Hierdurch bekommt man ein sehr dichtes Bild der jeweiligen Persönlichkeit.

Durch verschiedene Sponsoren konnte der Preis für dieses einmalige Buch so niedrig gehalten werden. Es sollte in der Hand jedes künstlerisch interessierten Bruders sein. Ich kann es sehr empfehlen.





Christentum statt Christentrug

Horst-Rudolf Köneke

Lit Verlag, Münster, 2002

136 Seiten, br., Euro 15,90

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

In der Reihe „Religionswissenschaft“ ist die obige Broschüre erschienen, die sich mit zahlreichen Einzelheiten des Christentums sehr kritisch auseinandersetzt. Nachfolgend die Inhaltsübersicht und ein markanter Satz des Autors aus dem Abschnitt.

Der Vater. Gottesbegriff: Definitionen von den alten Philosophen bis zu Jaspers. „Für den Beweis Gottes gibt es eine weit verbreitete populäre Überlegung, wonach alles Geschehen eine Ursache haben muss. Die Ursachenkette endet dann in einer ersten Ursache, die Gott sein soll. dass da Gott stehen soll, wäre noch zu belegen, zudem könnte sich am Anfang ja auch ein Ursachenbündel befinden.“

Verbalinspiration. Schöpfungsgeschichte: „dass Gott nach 6 Tagen ‚ausruhen‘ musste, ist gelinde gesagt recht merkwürdig. Wer allmächtig ist, wird nicht unter Erschöpfung leiden.“ – „Nach den Verlautbarungen der Katholischen Kirche ist die gesamte Bibel irrtumsfrei.“ – „Die 1500 ‚Gewaltstellen‘ sind davon nicht ausdrücklich ausgenommen. Dazu gehört Psalm 137, dem zufolge die verschleppten Juden die Babylonier so verwünschten: ‚Wohl dem, der deine Kinder packt und sie am Felsen zerschmettert.‘“

Tod: Was sagen das ägyptische und das tibetanische Totenbuch, das Alte Testament und die Kabbala? Zitate von Zarathustra bis Bonhoeffer. Und natürlich fehlen auch die Nachtod-Erlebnisse nicht.

Sünde: Adam und Eva verletzten ein von Gott fixiertes Verbot. „Die bisherige enge Verbundenheit mit Gott ging verloren. Dieser Zustand der Ungnade vor Gott bewirkte bei den Menschen die Sterblichkeit, die Unwissenheit und die Begierde.“

Hölle: „Dieses Totenreich ist auch häufig als jenseitiger Vergeltungsort ... installiert. Betroffen sind diejenigen Menschen, die nach dem Gerichtsentscheid Gottes das Heil nicht erlangt haben.“

Himmel: Wir erfahren wie Babylonier, Azteken, Chinesen, Griechen ihn sich vorgestellt haben.

Der Sohn. Geburt: Ähnlichkeiten mit Mithras. Junge Frau oder Jungfrau? War es schon am 17.4.6 v.Z. ? Erst 354 n.Z. wird der 25.12. festgelegt.

Wanderprediger: „Von Jesus gibt es keine einzige Zeile, die er selbst geschrieben hat.“ – „Die Bergpredigt hat nie stattgefunden. Die dort zusammengefassten Aussprüche kommen allesamt in der jüdischen Literatur vor.“ – „Beim ‚Wandeln‘ über den See könnte die Essener-Loge wiederum dienstbar gewesen sein. Ein mächtiger Balken könnte beispielsweise hilfreich gewesen sein.“

Abendmahl: „Die Abendmahlsszene hat einen recht grauenvollen Anstrich. Ein Mensch, der leiblich dasitzt, kann wohl kaum auf den Gedanken kommen, seinem Freundeskreis seinen Leib und sein Blut zum Genuss anzubieten.“

Kreuzigung: „Die meisten Menschen würden auch heutzutage ... die römische Kreuzungsart überleben, wenn sie nur rechtzeitig abgenommen würden.“ – „Ein Speer in die Seite gestocken ... Bei einem solchen Aderlass fließt aber bei Toten kein Blut...“ – „Nach neusten Forschungen, nämlich den Nag-Hammadi-Texten, hat Jesus seiner Kreuzigung lachend zugeschaut.“

Sühne: „Der Sühnegedanke stammt aus der Zeit der Blutrache und beruht auf einem archaischen Vergeltungsgedanken.“

Himmelfahrt: „Vor Jesu Zeiten wird die Auferstehung folgender Gottheiten bezeugt: Baal in Kanaan, Inanna in Mesopotamien, Osiris in Ägypten, Tammuz in Babylon.“

Kaschmirtrip: „Jesus zog nach Kaschmir.“

Wir Menschen. Der Mithraskult: „Es gab schon eine Religion, die die viele Glaubenswahrheiten, die als spezifisch christlich gelten, bereits vor der christlichen Ära hatte...“

Konstantin: Schlacht an der Milvischen Brücke.

Dogmatismus: „Glaubenszweifel mit Dogmen abwehren, ist eine böswillige und primitive Methode...“

Quintessenz. Vorbilder: „Hier geht es um die Frage, ob die Kirche noch irgendetwas bedeutendes zu sagen hat.“ – Gesetze. – Trost.

Perspektiven: „Die schon geraume Zeit leeren Kirchen werden von Sonntag zu Sonntag weniger frequentiert.“

Wir betrachten heute viele Dinge sehr kritisch. Zweifel ist vielfach angebracht. Aber ob man das Wandeln Jesu auf dem Wasser in so naiver Weise mit einem Balken erklären zu müssen glaubt, halte ich doch für recht naiv. Der Autor bleibt in vielen Fällen an der Oberfläche und geht nicht in die wissenschaftliche Tiefe. Wer in ähnlicher Weise denkt, wird hier Bestätigung und weitere Schlagwörter finden. Die reißerische Art, diese Dinge darzustellen, sagt mir persönlich nicht zu.

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„Die Große National-Mutterloge der Preußischen Staaten, genannt „Zu den drei Weltkugeln“, 1933 – 2000, Versuch einer Standortbestimmung.“ 

Herausgeber: Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ im Verband der Vereinigten Großlogen von Deutschland, Bruderschaft der Freimaurer. (Dort auch anzufordern: Heerstraße 28, 14052 Berlin.) 2002

60 Euro.

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Die drei Bände mit insgesamt 1456 Seiten schrecken bestimmt manchen ab, das Werk zu erwerben. Es stecken aber 10 Jahre intensiver Archiv- und Forschungsarbeit von Br. Werner Schwartz darin, der für die Schriftleitung und Zusammenstellung verantwortlich zeichnet. Der Schwerpunkt der Dokumentation liegt in der Geschichte der „3WK“, obwohl natürlich fast stets die gesamte deutsche Freimaurerei betroffen ist. Mit wissenschaftlicher Sorgfalt sind für alle genannten Tatsachen und Schriftstücke die Fundstellen und Belege aufgeführt sowie durch Fußnoten, Literatur- und Quellennachweise, durch Personen- und Sachregister untermauert.

Wenn uns auch manche Äußerungen und Einstellungen der Brüder aus vergangenen Zeiten und infolge mangelnder oder verschütteter Quellen bisher schöngeredet wurden, hier ist endlich eine Dokumentation, die sich um Ehrlichkeit, Redlichkeit und Wahrheit bemüht. Die Darstellung fängt natürlich nicht erst im Jahr 1933 an, sondern zeigt den gesamten Vorlauf in den zwanziger Jahren.

Im Geleitwort des Nationalgroßmeisters, Br. Ralf Sotscheck, heißt es:

Dieser Versuch einer Standortbestimmung „will mit Hilfe der wiedererlangten Akten aus dem Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz die Freimaurerei des 19. und 20. Jahrhunderts durch objektive Beschreibung einer sachlichen Betrachtung zuführen. ... Wenn wir heute diese drei Bände in Händen halten, werden uns ungeschminkt Fehlverhalten und auch Widerstand gegen die Obrigkeit vor und in der ‚Dunklen Zeit‘ vor Augen geführt. ...“

Die beiden ersten Bände des Werkes sind in folgende Teile gegliedert:

  I.  Die deutsche Freimaurerei des 19. Jahrhunderts bis 1925, unter besonderer
      Berücksichtigung der GNML „3WK“.

  II.  Die Große National-Mutterloge „Zu den drei Weltkugeln“ von 1925 – 1945.

  III. Die Große National-Mutterloge von 1945 – 2000.

Der dritte Band, vielleicht der interessanteste Teil des Geschichtswerkes, enthält die Faksimile-Nachdrucke von 97 Dokumenten. Darunter ist z.B.: 

die Original-Begründung vom 9.6.1923 von Br. Erich Klemm zu finden, weshalb er gegen die Aufnahme von Gustav Stresemann schwarz gekugelt hat.  -  Die Beschwerde Gustav Stresemanns über die stark parteipolitische (nationalistische) Festrede anlässlich des Johannisfestes der „3WK“ am 24.6.1924.  -  Diese Festrede ist natürlich als Dokument aus dem „Bundesblatt“ ebenfalls abgedruckt.  -  Das Gründungsprotokoll des „Wetzlarer Ringes“ vom 2.7.1925.  -  Die Mitteilung an die Tochterlogen zum Beschluss der Umwandlung der GNML „3WK“ in einen National-Christlichen Orden „Friedrich der Große“ am 11.4.1933  -  Die Abbildung des Teppichs für die neuen „Ordensstufe I“ und das Amtsabzeichen eines „Obermeisters“ (= MvSt).  -  Der Textentwurf für einen am 19.4.1933 durch den Ordensgroßmeister, Otto Bordes, telegrafisch ausgesprochenen Glückwunsch zum Geburtstag Adolf Hitlers.  -  Das Verbot des Ordensblattes (zuvor Bundesblatt der GNML „3WK“) vom 8.12.1934 durch den Polizeipräsidenten.  -  Brief des inhaftierten Großmeisters, Otto Bordes, aus der Untersuchungshaft vom 23.6.1935.  -  Fragenkatalog der geheimen Staatspolizei für eine Vernehmung von Otto Bordes am 28.11.1934.  -  Protokoll der letzten „3WK“-Großlogenversammlung am 16.6.1935.  -  Haltung und Einstellung des Nationalsozialismus zur Freimaurerloge (aus dem Schulungsbrief des Reichsorganisationsleiters der NSDAP).  -  Urteil des Bundesgerichtshofes vom 17..11.1955 über den Weiterbestand der GNML „3WK“. 

Das können nur wenige Beispiele aus der Dokumentensammlung sein, die sich besonders auf die Zeit bis zum endgültigen Verbot der Freimaurerei in Deutschland beziehen.

Nun aber zu den ersten beiden Bänden. Als Leitspruch ist folgende Äußerung Friedrichs II. aus dem Antimachiavell vorangestellt:

„Wenn man richtig urteilen will, muss man zuvor den Gegenstand, über den man sprechen will, genau ergründen und bis auf den Ursprung der Dinge zurückgehen, um deren Anfänge und Gesetze zu erkennen; dann ist es leicht, ihre Entwicklungsstufen und die weiteren Folgerungen daraus herzuleiten.“

Die sorgfältige Untersuchung, die Werner Schwartz vorgenommen hat, zielt einerseits auf den Zeitabschnitt 1925 bis 1935, wobei er auf viele Unterlagen zurückgreifen konnte, die bis 1989 völlig unbekannt waren. Andererseits wird der Wiederaufbau der GNML „3WK“ nach 1945 beleuchtet, wobei viele Schwierigkeiten auftraten, bis die „3WK“ als vollgültiges Mitglied in die VGLvD am 23.10.1970 aufgenommen wurde.

Bei der Aufarbeitung der Vergangenheit neigt die Freimaurerei dazu, unangenehme Vorgänge zu verdrängen. Der Autor hat auch Fehleinschätzungen und Irrwege möglichst objektiv darzustellen versucht. Hier werden keine Verurteilungen vorgenommen, sondern dem Leser anheim gestellt, sich selbst ein Urteil über den Geschichtsablauf zu bilden. Dies ist nicht nur ein großes Verdienst von Br. Werner Schwartz, sondern steht auch der deutschen Freimaurerei wohl an.

Ohne Bewertung mit erhobenem Zeigefinger werden die Strömungen und Tendenzen nach dem ersten Weltkrieg offengelegt: der Großmeisterverein, der Verein Deutscher Freimaurer, der Deutsche Großmeistertag, der Deutsche Großlogenbund usw.  -  Die Judenfrage wird ebenso angesprochen wie die sogenannte Unterscheidung zwischen „humanitärer“ und „christlicher“ Freimaurerei.  -  Die Kriegsschuldfrage gewinnt auch bei völkisch gesinnten Brüdern an Boden.  -  

Die Situation in Deutschland bis 1933 mit der Weltwirtschaftskrise führt zum Zusammenbruch der Weimarer Republik. Die Haltung der „3WK“ ist zwiespältig: Der Wetzlarer und der Bielefelder Ring gehen einen streng nationalistischen Weg. Die „humanitären“ Kräfte werden immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Aber nicht alle Brüder und Logen sind mit dieser Entwicklung einverstanden; doch durch die Überflutung mit nationalsozialistischer Macht müssen sie sich zurückziehen. Die Beschlagnahme der Logenhäuser und der darin befindlichen Materialien gipfelt in der sogenannten „Selbstauflösung“ der Logen und Großlogen.

Nach 1945 hatte die „3WK“ einen schweren Stand. Berlin lag innerhalb der sowjetischen Zone und war vom westlichen Gebiet Deutschlands getrennt. Die sich hier neu formierende Freimaurerei erkannte die Berliner Freimaurerei nicht an. Nach vielen Schwierigkeiten wurde am 20.6.1962 die Aufnahme der „3WK“ in den Verband der VGLvD als (praktisch zweitrangige) „Provinzialgroßloge“ anerkannt. Und erst am 23.10.1970 wurde die volle Gleichberechtigung der „3WK“ verankert. Damit war eine einheitliche deutsche Freimaurerei Wirklichkeit geworden. – Br. Werner Schwartz hat die Dokumentation zusammengestellt, die diese Entwicklung aufzeigt.

Ganz ehrlich: es ist nicht ganz einfach, den Text, die Fußnoten, Anmerkungen, Verweise und dazwischen die Originaldokumente zu lesen. Es ist jedoch für jeden notwendig, der eine klare Erkenntnis über den Ablauf unserer jüngsten Geschichte gewinnen will. Dabei muss noch erwähnt werden, dass der Preis einmalig günstig ist und nur die Druckkosten deckt.

Als Fazit darf gesagt werden: Dieses Geschichtswerk muss in allen Logen- und namhaften brüderlichen Bibliotheken stehen, denn ohne diese Dokumentation ist die Zeit von 1925 bis 1970 nicht verständlich. Uns liegt hier ein einzigartiges Nachschlagewerk vor, das heute und in späteren Jahrzehnten immer wieder um Rat gefragt werden wird. Br. Werner Schwartz ist hierbei etwas gelungen, das zwar manchmal unbequem sein mag, das aber in den letzten Jahrzehnten einmalig ist.





„Der Nomadengott. Fantastischer Roman.“

Gerd Scherm

Kontor für Kunst und Literatur, Binzwangen 12, 91598 Colmberg, 2003

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

Vorweg werden wir über die „Götter an und für sich“ aufgeklärt und über die Erfindung des Monotheismus‘. Wir erfahren z.B.: „Die teuflischen Heerscharen ... sind verantwortlich für kopernikanische Weltbilder, Autobahnbaustellen während der Ferienzeit, den Erlass von Steuergesetzen, die Erfindung des Buchdrucks und die Entwicklung von Betriebssystemen wie windows.“ Wir erfahren ebenso, dass „einzelne Götter neuerdings vermehrt die Handy-Methode (verwenden), um ihre Schäflein direkt zu sich zu rufen, zum Beispiel durch einen Anruf bei 200 Stundenkilometer auf der Autobahn.“

Dann beginnt der Roman, der uns eintauchen lässt in die Welt des Ägyptens vor 1500 Jahren, wozu natürlich eine recht umfangreiche Götterwelt gehört, und in Geschichten des Alten Testaments. Wir lernen Raffim in Theben kennen, der allerdings kein Ägypter, sondern ein Hyksos ist, obwohl er und seine Vorfahren in Theben geboren sind. Er ist Devotionalienhändler, sozusagen im Dienste des Krokodilgottes Suchos. Auf eigene Rechnung handelt er mit allem, was im entferntesten mit dem Kult des Gottes zu tun hat: Amulette, Statuen, Krokodil- Zähne, Gürtel, Taschen. Er läßt am Imbissstand verkaufen: Krokodilwurst, Krokodilhackbällchen, Krokodilschnaps und als besonderen Schlager Krokodilstränen. – Noch mehr ist vom Schreiber Seshmosis die Rede, der später unvermutet zum Propheten des „Gottes ohne Namen“ (GON) entwickelt. Nicht nur diese beiden, sondern die ganze Gruppe von Hyksos bekommen vor der Politik des Pharao Ahmose Angst, denn seine Beamten verbreiten bereits Parolen wie: „Kauft nicht bei Hyksos!“ Die Hyksos in Theben versammeln sich, beraten und beschließen, aus Ägypten in das Land ihrer Väter auszuwandern. Und dabei werden sie von dem kleinen Gott GON unterstützt und geschützt. Aber auch die Götter versammeln sich, weil etwas Unerhörtes geschehen ist. Der Krokodilsgott hat sein Heilszeichen „Ankh“ verloren, das von Raffim gefunden, der damit aber nicht gerade glücklich wird. 

Die kleine Karawane der Hyksos zieht erst nach Norden, um sich die Pyramiden anzusehen. Nach einer massiven Drohung des Pharao erfolgt der Auszug aus Ägypten nach Osten. Wir begleiten den Zug nach Gaza, Jericho bis nach Byblos, ihrer alten und neuen Heimat.

Die im Roman verwendete „Große Unschuldsbeteuerung“ entstammt dem Papyrus des Hunefer (1300 v.Chr.), die „Magischen Worte der Wiedererweckung“ sind dem „Papyrus der Ani“ (1420 v.Chr.) entnommen. Beide Papyri gehören zu den „Ägyptischen Totenbüchern“. Alles, was uns über die ägyptische Götterwelt erzählt wird, entspricht dem wissenschaftlichen Stand, denn Bruder Gerd Scherm forscht intensiv auf den Gebieten Mythologie, Mythenbildung, Symbolik und Ritualistik. Wir kennen ihn als treibende Kraft im „Pegasus – freimaurerischer Verein für Kunst, Kultur und Kommunikation“.

Der Roman ist nicht nur mit seinen menschlichen und göttlichen Handlungssträngen spannend zu lesen. Er wird ebenso mit viel Humor und satirischem Augenzwinkern erzählt. So wundern wir uns nicht über den hüftschwingenden und lauten Sänger El Vis oder den Seher Nostr’tut-Amus, vor dem die ganze Zukunft offen liegt. Sie tauchen in diesen Passagen des Alten Testaments auf. Gerd Scherm hat hier eine ernste geschichtliche Entwicklung durchaus sachlich vorgetragen, aber mit so viel Humor versetzt, dass es ein amüsantes, aber auch nachdenkliches Lesevergnügen bereitet. Ich jedenfalls habe das Buch ungetrübt und in einem Zuge gelesen.

3-8330-0568-8



„Der Alchimist“

Paulo Coelho

Diogenes Verlag, Zürich, 1996

173 Seiten, 17,90 Euro. Originalauszüge kursiv gedruckt

Besprochen von Br. Reinhold Dorsch, JL "Zur Treue" u. "Zum Leoparden"

„Alle Menschen haben immer genaue Vorstellungen davon, wie wir unser Leben am besten zu leben haben. Doch nie wissen sie selber, wie sie ihr eigenes Leben am besten anpacken sollen.“

„Alles ist ein Ganzes.“

„Es ist ein Buch, das vom selben handelt wie alle anderen Bücher auch: Der Unfähigkeit des Menschen, sein eigenes Schicksal zu wählen.“

„Das Leben ist wirklich sehr großzügig mit dem, der seinem persönlichen Lebensweg folgt.“

Das sind nur einige Sentenzen aus dem Buch, das als Roman geschrieben ist, aber oft wie ein Märchen erscheint. Im Grunde geht es um die schwierige Aufgabe, das eigene Leben zu meistern, sich selbst zu erkennen und zum völligen Einklang mit den anderen Menschen und der Welt zu kommen.

Dem jungen Hirten Santiago aus Andalusien begegnet ein alter Mann, der sagt, er sei der König von Salem. Im Laufe der Begegnung erzählt er ihm folgende Geschichte:

   „Eines Tages schickte ein Kaufmann seinen Sohn zu dem größten Weisen weit und breit, um ihm das Geheimnis des Glücks beizubringen. Der Jüngling wanderte 40 Tage durch die Wüste, bis er schließlich an ein prachtvolles Schloss kam, das oben auf einem Berg lag. Dort wohnte der Weise, den er aufsuchen sollte. Anstatt nun einen Heiligen vorzufinden, kam der Jüngling in einen Raum, im welchem große Betriebsamkeit herrschte; Händler kamen und gingen, Leute standen in den Ecken und unterhielten sich, eine kleine Musikkapelle spielte sanfte Melodien, und es gab eine festliche Tafel mit allen Köstlichkeiten dieser Gegend. Der Weise unterhielt sich mit jedem einzelnen, und der Jüngling musste zwei volle Stunden warten, bis er an der Reihe war.

   Der Weise hörte sich aufmerksam seine Geschichte an, sagte jedoch, er habe im Moment keine Zeit, ihm das Geheimnis des Glücks zu erklären. Er empfahl ihm, sich im Palast umzusehen und in zwei Stunden wiederzukommen.

   ‚Aber ich möchte dich um einen Gefallen bitten‘, fügte der Weise hinzu und überreichte dem Jüngling einen Teelöffel, auf den er zwei Öltropfen träufelte. ‚Während du dich umsiehst, halte den Löffel, ohne dabei das Öl auszuschütten.‘ 

   Der Jüngling stieg treppauf und treppab, ohne den Blick von dem Löffel zu lösen. Nach zwei Stunden erschien er wieder vor dem Weisen.

   ‚Nun‘, fragte dieser, ‚hast du die kostbaren Perserteppiche in meinem Esszimmer gesehen? Und den prachtvollen Park, den der Gärtnermeister innerhalb von zehn Jahren anlegte? Und die schönen Pergamentrollen in meiner Bibliothek?‘

   Beschämt musste der junge Mann zugeben, dass er nichts von alledem gesehen hatte, weil seine ganze Aufmerksamkeit dem Teelöffel mit dem Öl gegolten hatte, das ihm anvertraut worden war.

   ‚Also, dann zieh noch einmal los und schau dir all die Herrlichkeiten meiner Welt genau an‘, sagte der Weise. ‚Man kann einem Menschen nicht trauen, bevor man sein Haus nicht kennt.‘

   Nun schon etwas ruhiger, nahm er wieder den Löffel und machte sich erneut auf den Weg. Doch diesmal achtete er auf all die Prachtgegenstände, die an den Wänden und an der Decke hingen. Er sah den Park, die Berge ringsum, die Vielfalt der Blumen, die Vollendung, mit der jeder Kunstgegenstand am richtigen Ort eingefügt war. Zurück beim Weisen schilderte er ausführlich, was er alles gesehen hatte.

   ‚Aber wo sind die beiden Öltropfen, die ich dir anvertraute?‘ bemerkte der Weise.

   Als er auf den Löffel blickte, musste der Jüngling entsetzt feststellen, dass er sie verschüttet hatte.

   ‚Also, dies ist der einzige Rat, den ich dir geben kann‘, sagte der Weiseste der Weisen. ‚Das Geheimnis des Glücks besteht darin, alle Herrlichkeiten dieser Welt zu schauen, ohne darüber die beiden Öltropfen auf dem Löffel zu vergessen.

   - Hierauf blieb der Hirte still. Er hatte die Geschichte des alten Königs wohl verstanden. Ein Hirte reist gerne, aber er vergisst nie seine Schafe.“

 Der Lebensplan des Hirten, der alle seine Schafe verkauft, um nach Afrika zu gelangen, entwickelt sich nicht immer geradlinig. Er will seinem mehrfachen Traum nachkommen, wonach ein Schatz bei den Pyramiden versteckt sei. Als er in Tanger eintrifft, wird ihm sein gesamtes Geld gestohlen. Aber er lässt sich nicht entmutigen und denkt an den Spruch des Alten: „Wenn du etwas ganz fest willst, dann wird das Universum darauf hinwirken, dass du es erreichen kannst.“

Santiago verdingt sich bei einem Kristallwaren-Händler.

Als er wieder genug Geld beisammen hat, schließt er sich einer Karawane an und will durch die Wüste nach Ägypten ziehen.

Die Stille der Wüste, in der er immer mehr zu sich selbst findet, die Oasen, die kriegerischen Berber, die Liebe zu Fatima, schließlich die Weisheit des Alchimisten – all das helfen ihm zu einem tiefen, inneren Glück vorzudringen.

„Wer hat dich gelehrt, die Sprache der Wüste und des Windes zu sprechen? – Mein Herz, erwiderte der Jüngling.“

„Etwas viel Wichtigeres hatten ihn die Schafe gelehrt; dass es in der Welt eine Sprache gab, die jeder verstand. ... Es war die Sprache der Begeisterung, des Einsatzes mit Liebe und Hingabe für die Dinge, an die man glaubt oder die man sich wünscht.“

„‘Mein Herz fürchtet sich vor dem Leiden‘, sagte der Jüngling zu dem Alchimisten. – ‚Dann sag ihm, dass die Angst vorm Leiden schlimmer ist, als das eigentliche Leid.‘“

Selten haben mich die vielen Lebensweisheiten in einem Buch so ergriffen wie in diesem Buch. Wir erleben die Entwicklung der Persönlichkeit eines Menschen mit. Und gerade wir als Freimaurer finden viele Parallelen zum Bestreben unseres Bundes, jeden Bruder seinen eigenen Lebensweg suchen zu lassen und ihm zu helfen, diesen zu finden – und damit die Erfüllung seines Lebens zu ermöglichen. Der Text erinnert an den „Kleinen Prinzen“ von Antoine de Saint Exupéry: das Märchenhafte, die tiefen Lebensweisheiten. Mir hat das Buch sehr viel gegeben. Und ich hoffe, dass es noch viele lesen und „verstehen“ werden. Es rührt unser Unbewusstes an, denn wir „suchen“ doch alle noch.

Paulo Coelho ist 1947 in Rio de Janeiro geboren, begann nach verschiedenen Weltreisen zu schreiben und ist einer der meistgelesensten Autoren Südamerikas. Das Buch wurde in 55 Sprachen übersetzt und in über 27 Millionen Exemplaren verbreitet. 

„Ein Buch, das Herz und Seele wärmt!“ schreibt Bergensavisen, Stockholm. – „Ein wahrer Schatz.“ (Le Figaro, Paris) – „Sagenhaft weise.“ (Corriere della Sera, Mailand).

Zum Schluss noch ein Ausspruch des Dichters:

„Die Welt ist nur der sichtbare Teil Gottes.“

Und meine Empfehlung: Kaufen, lesen, einwirken lassen und beherzigen.

3-257-06126-9







Anmerkung:
Diese Liste ist eine subjektive Auswahl weiterführender Literatur. 
Kommentare und Ergänzungen schreiben Sie bitte an: mail-3wk@freimaurer.org